Meine erste "richtige" Rennmaschine.
Nachdem ich mir 1980 von meinem Konfirmationsgeld ein Sportrad (Hercules Saragossa) gekauft hatte und schon am nächsten Tag alles unnötige wie Licht, Schutzbleche und Gepäckträger demontiert hatte, sah es schon ein wenig nach Rennrad aus.
Es brachte mich auch zwei Jahre treu durch die Lande.
Sogar die ersten Rennen wurden darauf bestritten.
Aber nachdem ich dann richtig Blut geleckt hatte und voll in´s Training eingestiegen war, merkte ich schnell, daß dieser schwere "Bock" auf Dauer nicht die erste Wahl sein konnte.
Also wurde, wo es nur ging, gespart für das große Ziel - eine echte Rennmaschine.
Diese wollte ich mir natürlich soweit es ging selbst aufbauen - ein Rad von der Stange kam nicht in Frage.
Leider war es mir nicht möglich das ganze Geld, welches ich anhand der ausgiebigen Lektüre des aktuellen 1981er Brügelmann-Kataloges (siehe auch: "Geschichten - Alte Kataloge - Brügelmann") für den Kauf der nötigen Einzelteile veranschlagt hatte, zusammen zu bekommen.
Aber ein zinsloser Kleinkredit meiner Eltern half mir unbürokratisch weiter.
Am 07. Januar 1982 wurde dann die Fahrt nach Frankfurt in das Paradies der Radfahrer - zu Radsport Brügelmann - angetreten.
Eigentlich sollte ja bald ein Flandria Rahmen in rot mit weißen Mannschetten mein Eigen sein.
Dieser war aber auf absehbare Zeit in der für mich richtigen Rahmengröße nicht lieferbar, sodaß ich mich dann für einen Alan-Competition Rahmen entschied.
Gegenüber dem Flandria-Rahmen aus hartgelöteten Stahlrohren, war der Alan ein Alurahmen.
Seine, in etwa dem Durchmesser von zeitgemäßen Stahlrohren angepassten Alurohre, wurden in Alumuffen verschraubt und verklebt.
Diese Technik ist nicht mit den heutigen Alurahmen vergleichbar, deren wesentlich großvolumigeren und belastungsoptimiert geformten Rohre verschweißt werden und somit enorm verwindungssteif und sehr leicht sind.
In einer Zeit, wo sich auf meine damals schon stattlichen 1,80m noch lockere 58kg verteilten, war der Alan aber durchaus steif genug, um daß man rennmäßig damit fahren konnte.
Heute würde er sich unter mir ächzend verwinden.
Eingebaut wurden vor Ort in Frankfurt noch der Edco-Steuersatz und das Sugino-Tretlager, da ich die dafür nötigen Werkzeuge damals noch nicht besaß.
Und damit ich schon mal etwas anbauen konnte und man auch schon mal was sah, nahm ich gleich noch ein paar Campagnolo Schalthebel und einen Flaschenhalter mit.
So nach und nach, kamen auch noch die übrigen Teile dazu und Ende Februar war der Bolide endlich fertig.
Laufräder: Campagnolo Record mit Mavic GP4 Felgen
Schlauchreifen: Clement
Bremsen: CLB Titanium
Schaltung und Umwerfer: Campagnolo Super Record
Kurbelgarnitur: Sakae
Lenker und Vorbau 3TTT
Lenkerband: Celo Nastro Perlmuttweiß
Sattel: Selle Italia Turbo Bernhard Hinault
Sattelstütze: 3TTT
Kette: Sedis
Zahnkranz: Regina 6-fach
Gut 1700,- DM hatte mich das ganze ca. 8 kg leichte Rad gekostet.
Bei damals ungefähr 30,- DM Taschengeld im Monat, war das eine ganze Menge Geld.
Mein Erspartes langte leider nicht ganz aus. So musste ich bei meinen Eltern einen zinslosen Kleinkredit aufnehmen.
Um die Schulden wieder abzuzahlen, nahm ich im Sommer einen Ferienjob an, den mir mein Vater bei seinem Arbeitgeber besorgt hatte.
Hier wurde mir erstmals bewußt, was es heißt zu arbeiten und wie sauer es ist, sein eigenes Geld selbst zu verdienen.
Auch als meine Kumpels für mehrere Tage mit Zelt und Packtaschen an ihren Rädern auf große Fahrt gingen,
musste ich arbeiten und bekam nicht wie erhofft frei.
Diese Erfahrung war aber im Nachhinein sehr lehrreich für mich.
Zum einen ist meine erste Rennmaschine auch heute noch in einem traumhaft gepflegten Zustand, weil ich sie stets sehr in Acht nahm und zum anderen war mir die Bedeutung von "Arbeit, Geld verdienen, Werte" klar geworden.
Meinen Eltern danke ich für das entgegengebrachte Vertrauen in meine Kreditwürdigkeit und die Möglichkeiten, die sie mir gaben, um diese Erfahrungen machen zu können.
Fortan war das ALAN für viele Jahre mein Begleiter im Training und bei zahlreichen Rennen.
Seit diesen Tagen befindet sich das Rad (bis auf Verschleißteile) in der originalen Ausstattung.
Lediglich die Dekore am Unter- und Steuerrohr wurden erneuert - ursprünglich waren hier mal Brügelmann-Aufkleber, die aber nicht so schön, wie die von Alan waren.